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Inhalt
Urvater der modernen Weinlandschaft
Seit der Antike ist unser Wertesystem in der westlichen Welt von den vier Kardinaltugenden geprägt. Bei Cicero heißen sie fortitudo, temperantia, sapientia und iustitia, respektive Tapferkeit, Mäßigung, Weisheit und Gerechtigkeit. Sie stellen die Grundlage jedes tugendhaften Handels dar.
Keine Angst, ihr habt schon auf den richtigen Artikel geklickt! Wie viele der maßgeblichen Denkanstöße für die Philosophie der Antike kam nämlich auch der Gewürztraminer von Ägypten nach Europa. Archäologen entdeckten unter den kostbaren Grabbeigaben der Pharaonen auch Traubenkerne, die als Gewürztraminerkerne identifiziert werden konnten. Sein heutiger Name liegt wenig überraschend viel näher der Heimat. Weine aus dem Weinbaudorf Tramin waren bereits im 11. Jahrhundert überall in Mitteleuropa beliebt. Aus dem Briefwechsel verschiedener Klöster und Adelshäuser geht hervor, dass schon damals der Name Traminer gleichbedeutend mit aromatischen Weinen aus Südtirol war.
5.000.000 Flaschen pro Jahr
34.878 hl Ertrag (2018)
10,8% der Gesamtfläche
10-12° C Serviertemperatur
Die Parallelen zwischen Wein und Tugendlehre enden nicht in ihrer geographischen Reichweite. Das Erbe der antiken Unterrichtungen ist heute noch in allen westlichen Rechtsystemen, Moralvorstellungen und sogar Kindergeschichten spürbar; es lässt sich also quasi eine genetische Stammlinie ziehen. Dieses „quasi“ kann man beim Einfluss des Gewürztraminers auf den europäischen Weinbau getrost weglassen. Als Elternteil einiger der bedeutendsten Rebsorten der heutigen Weinwelt - darunter Riesling, Silvaner, Grüner Veltiner und sogar die Cabernet- und Pinot-Weine - liegt die Bezeichnung des Gewürztraminer als Kardinalwein, also als Drehpunkt der Weinhistorie, gar nicht so fern.
Wie steht nun der Gewürztraminer aber genau in Verbindung mit Tapferkeit, Mäßigung, Weisheit und Gerechtigkeit?
Die ersten beiden gehen Hand in Hand: Der zu den Bukettweinen gehörende Gewürztraminer ist in seinem üppigen Duft und dem beachtlichen Druck geradezu tollkühn. Das markante Aroma von Rosenblüten und der exotische Geschmack nach Litschi und Kumquat inspirieren zu ebenso tapferen Speisekombinationen. Er ist wie geschaffen für maghrebinische Gerichte mit viel aromatischer Würze, aber auch zu fruchtig-pikantem Curry mit Kokosmilch weiß der vermeintliche Südtiroler, zu überzeugen. Natürlich findet er auch in seiner mutmaßlichen Heimat beste Tischgesellen: Zur deftigen Schweinshaxe mit Sauerkraut harmoniert seine Würze, zum Apfelstrudel seine exotische Süße.
Die Tugend der Mäßigung liegt angesichts des eindrucksvollen und mitreißenden Wesens des Gewürztraminers vielmehr am anderen Ende des Flaschenhalses. Nicht nur vor der geradezu überwältigende Bandbreite verschiedener Gewürztraminer, die von knochentrocken über nektarsüß bis hin zu perlend schaumig reicht, muss man sich schon mal Einhalt gebieten, sich nicht quer durchs Sortiment zu kosten. Auch der typisch hohe Alkoholgehalt, der schon mal die 15,5% streifen kann, ist ein Imperativ für temperantia. Dieser beruht natürlich einerseits auf der Entscheidung des jeweiligen Weinproduzenten, andererseits ist er auch biologisch bedingt. Gewürztraminerbeeren sind naturgemäß relativ säurearm und besonders reich an Zucker, welcher wiederum den potentiellen Alkoholgehalt des Weines bestimmt. Hier ist also Weisheit vonseiten des Winzers gefragt, wie er seinen Gewürztraminer gestalten will.
In Südtirol haben sich im Laufe der Geschichte drei große Gewürztraminer-Weisen herauskristallisiert. Ihre Elfenbeintürme überschauen erwartungsgemäß die Weinberge rund um Tramin. Der größte davon ist jener der Kellereigenossenschaft Tramin, die als internationaler Botschafter des Gewürztraminers gilt und mit ihrem „Nussbaumer“ einen zeitlosen trockenen Vertreter der Rebsorte keltert, der als Qualitätsmaßstab für guten Gewürztraminer gilt. Mit ihrem Passito „Terminum“ hat die Kellerei Tramin mehrmals den besten Süßwein Italiens gekeltert und der legendäre „Epokale“ ist der erste Weißwein Italiens mit 100-Parker-Punkten.
Geringer an Größe aber nicht minder in Qualität steht daneben Elena Walch. Die häufig als „Königin des Gewürztraminers“ besungene Winzergröße setzt auf Terroir und Lagenweine. So stammt ihr „Vigna Kastelaz“ etwa aus einer der besten Einzellagen Südtirols in exklusiver Südausrichtung. Auch hier kommen Freunde des Dessertweins nicht zu kurz: Der Passito „Cashmere“ begeistert mit besonders süßen Gewürztraminerbukett und einem konzentrierten Säurespiel am Gaumen.
Auch Josef Hofstätter setzt sich mit einem der größten Weingüter in Familienbesitz des Landes für den Regionscharakter seiner Gewürztraminer ein. Überzeugt von der einzigartigen Qualität individueller Lagen keltert er mit seinem „Vigna Kolbenhof“ einen Gewürztraminer im Zeichen der Eleganz mit reichem Bukett und feiner Säure. Seine Spätlese „Reichenthaler Schlossleiten“ strotzt hingegen nur so vor Üppigkeit und ist eine Ikone unter den Südtiroler Dessertweinen.
Was ist jetzt schließlich mit iustitia, der Gerechtigkeit? Nun, liebe Leser, die Erfüllung dieser letzten Tugend liegt bei euch: Ihr tätet nämlich Unrecht daran, euch diese großartigen Gewürztraminer entgehen zu lassen!
Tags: Gewürztraminer, Südtiroler Gewürztraminer, Wein , Weinland
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